Ölmarktbericht August, 2015

Aaaah, es riecht nach Sommer, Würstchen und Pommes am Strand, frisch gemähtem Gras, Sonnencreme (besonders die mit Kokosnuss) und… ähm nach heißem Asphalt auf den Straßen.  Und was können wir sehen? Das kommt wohl darauf an, wo Sie gerade Urlaub gemacht haben? Es könnten sonnige goldene Strände und tiefblaues Meer sein oder vielleicht denken Sie doch eher an massive Staus während im ganzen Land alte Autobahnen repariert werden und neue gebaut werden. Aber warum nur, werden diese Straßen nicht dann erneuert, wenn es ruhig ist, sondern immer genau dann, wenn alle in die Ferien fahren wollen?

Zunächst stellt sich die Frage, was ist Bitumen (meistens als Asphalt bezeichnet)? Nun es ist eine spezielle Kraftstoffqualität, die üblicherweise nur in 65% der Weltraffinerien produziert wird und mit einer nur 3-4%  Ausbeute (anbei eine Schautafel des Raffinerievorganges). Bitumen Öle aus zum Beispiel Ländern wie Venezuela und Trinidad neigen dazu einen größeren Ertrag zu haben, aber sie benötigen einen sehr viel spezialisierteren Raffinierungsprozess, der weit über die Möglichkeiten der meisten Standardraffinerien hinaus geht. Das Produkt selber ist faulig, schwarz und sehr klebrig und so voll mit Kaohlenstoff, das es zur Verbrennung  nicht genutzt werden kann (im Gegensatz zu Benzin, Diesel und Flugzeugbenzin). Tatsächlich enthält es so viel Kohlenstoff, das es zu einem steinharten Wachs wird, wenn es nicht konstant auf eine Temperatur von ca. 150C˚ erhitzt wird.  Darum wird Bitumen meistens auf  Tankwagen bei einer Temperatur nahe des Siedepunktes geladen (um eine größtmögliche Zähflüssigkeit zu gewährleisten) und dies macht den Beruf des Bitumen Tankerwagenfahrers besonders gefährlich – stellen Sie sich nur seine persönliche Schutzausrüstung vor.

Doch trotz des hohen Kohlenstoffanteils ist Bitumen eines der umweltfreundlichsten Rohölprodukte. Was? Wie kann ein so schmutziges Produkt umweltfreundlich sein? Nun die Antwort ist, dass dieses Produkt nicht verbrannt wird und daher kein CO2 abgibt; es ist vielleicht eklig, aber Bitumen wir nur als Baumaterial benutzt und dient nicht zur Energiegewinnung. Darüber hinaus kann und wird Bitumen recycelt und in einigen Länder sogar bis zu 20%. Das Produkt wird dafür einfach wieder erhitzt, es schmilzt und hoppla ruck zuck… kann es wieder verwendet werden.

Und wofür kann es verwendet werden? Nun ja, wenn es jemals ein Rohölprodukt gegeben hat, ohne das die moderne Welt nicht leben könnte, dann ist es Bitumen. Wenn es mit Sand, Kies und Steinen vermischt wird, wird es zu einer Straße. Die klebrige Natur des Produktes, klebt nicht nur im wahrsten Sinne des Wortes alle Baumaterialien zusammen, nein auch sind seine wasserabweisenden Eigenschaften unvergleichlich und bedeuten das Wasser nicht in die Straßenkonstruktion eindringen kann, sondern einfach abfließt. Wenn Bitumen nicht für Straßen benutzt wird, ist es im Einsatz beim Bau von Fußwegen, und Radwegen, und Spielplätzen, oh und von Rollbahnen, Anlegestegen, Bushaltestellen, Bahnsteigen und Parkplätzen. Muss ich weiter machen? Unglaubliche 90% des gesamten weltweiten Straßennetzes haben Bitumen als Bestandteil, d.h. alleine in Europa verlassen sich 4 Mio. Kilometer aller Straßen auf Bitumen.

Tatsächlich hat dieses Wunderprodukt endlose Verwendungszwecke im modernen Leben. Fast alle modernen Häuser werden mit Bitumen wettergeschützt indem eine Bitumenunterlage auf den Dachrohbau gelegt wird, bevor die Dachpfannen verlegt werden um so sicher zu stellen, dass drinnen alles trocken bleibt. Aber die Arbeit geht auch im Haus weiter. Haben Sie sich je gefragt, warum die Feuchtigkeit nicht durch den Boden Ihres Hauses zu Ihrem Teppich durchdringt? Nun auch das liegt an einer Bitumenschicht; und dann gibt es natürlich wasserfeste Farben, und Rohrdichtungsmaterial, Regenrinnenabdichtungen…. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass kein anderes Land Bitumen dankbarer ist, als das nasse alte England. Bitumen ist wirklich Großbritanniens bester Freund!

Warum wird aber so viel Bitumen besonders im Sommer verwendet (50% Bitumen wird in Europa zwischen Juni und September verbraucht)? Nun, um mit Bitumen arbeiten zu können, muss das Wetter warm und trocken sein, denn Bitumen bei Regen zu verlegen funktioniert ungefähr genauso gut, wie Farbe auf einen nassen Untergrund aufzutragen. Also müssen neue Straßen und Straßenausbauten im Sommer durchgeführt werden. Die drei trockensten Monate sind Juni, Juli und August, auch wenn das in England nicht immer so zu sein scheint! Das bedeutet 3 kurze Monate um alles zu erledigen, vor allem wenn wir die Tatsache in Betracht ziehen, dass besonders die Autobahnen in der nördlichen, kälteren Hemisphäre leiden, wenn im Winter das Wasser friert, sich ausdehnt und so die Oberflächen aufbricht. Im Sommer dann, müssen zu allem Überfluss auch noch diese Löcher, Buckel und Risse in der gleichen kurzen Periode repariert werden.  Also bitte, wenn Sie das nächste Mal an einem dieser Männer, die mit dem schwarzen, klebrigen Zeug hantieren und den Verkehr aufhalten, vorbeikommen, verfluchen Sie ihn nicht, denn er wollte wahrscheinlich auch nicht in den Ferien arbeiten! Stattdessen sollten wir ihm dafür danken, dass er im Sinne des Wortes unsere Infrastruktur zusammenhält. Aber bitte steigen Sie nicht aus um ihm das zu sagen, dass würde den Stau nur noch verlängern. Ein erhobener Daumen genügt.