Große Ölfirmen und ihre Aktionäre geraten leicht in Panik, wenn die Ölpreise fallen und als Ergebnis findet oft eine Welle von Fusionen statt. Tatsächlich war es der niedrige Ölpreis am Ende der neunziger Jahre, der Lord Browne (damals Vorsitzender der BP) dazu brachte, zunächst mit Mobil zu fusionieren und dann in schneller Abfolge die amerikanischen Ölgiganten Amoco und ARCO zu kaufen. Ungefähr zeitgleich kaufte Exxon die Überreste von Mobil, Chevron fusionierte mit Texaco und Total verschluckte Elf und PetroFina.
Es war also keine Überraschung, dass wir zum Jahreswechsel, am Ende des aktuellen Ölpreisverfalles, eine Großfusion nahen sahen. Und wir mussten nicht lange warten, denn im April übernahm die mächtige Shell die BG (ehemals British Gas) – Britanniens drittgrößten Energiekonzern – in einer $ 70 Milliarden Übernahme. Diese neue Einheit wird ein Energiegigant sein – besonders hinsichtlich des Gases. Tatsächlich wird diese neue Firma, der drittgrößte Gasproduzent in der Welt sein, direkt hinter Gazprom (Russland) und dem iranischen Staatsgasunternehmen.
Doch es ist der Stellenwert des Gases, der diese Fusion so interessant macht und wirklich unterstreicht was für eine massive Veränderung in der Energielandschaft stattfindet. Während es bei den Fusionen in den 90zigern um den Größenvorteil bei der Ölgewinnung ging, haben wir hier einen blaublütigen Ölaristokraten (Shell), der all sein Geld für eine Fusion mit einem Gasunternehmen ausgibt. Warum? Nun ja…. offen gesagt, es ist Gas und nicht Öl, das die Zukunft in der Welt der fossilen Brennstoffe ist.
In vielen Punkten ist die Vormachtstellung des Gases eine freudige Nachricht für die Ölgiganten. In letzter Zeit haben sie sich oft an den Abgründen der Ölgewinnung befunden, sie haben sich auf teuren und feindlichen Feldern abgerackert (Tiefseereserven, polare Regionen, etc.), während die nationalen Ölunternehmen (Saudi, Iran, Irak, Venezuela) niedrigere Gewinnungskosten in leichter zugänglichen Gebieten genießen. Gas, andererseits, schafft neue, offenere Bedingungen bei denen die Ölgiganten die Oberhand zu scheinen haben, wenn es um neu entdeckte Felder geht. Ganz zu schweigen von, (schon wieder..) dem Schieferwunder, das natürlich der am freiesten zugängliche Energiemarkt der Welt ist und auf dem fast keine nationalen Öl- oder Gasunternehmen zu finden sind.
Aber der Hauptgrund aus dem sich die Ölgiganten (die wir wahrscheinlich jetzt die “Öl und Gasgiganten“ nennen sollten) kopfüber in die Gaswelt stürzen, ist sein unaufhaltsames Wachstum als Energiequelle. Es ist schon wahr, dass das beigefügte Schaubild zeigt, dass der Bedarf für Rohöl bis 2040 weiter steigen wird, aber das Tempo in dem das Gas wächst, ist bei weitem beeindruckender und in 2040 wird der Verbrauch von Gas und Öl beinahe gleich hoch sein. Dafür gibt es 3 Hauptgründe. Erstens ist Gas in der neueren Geschichte günstiger als Öl und es sieht so aus, als würde das auch so bleiben. Zweitens sind Gasgeneratoren konkurrenzlos, wenn es um Energieeffizienz geht und schließlich, im Kontext mit Punkt zwei, bedeutet eine kleinere Kohlenwasserstoffkette (niedrigerer Kohlenstoffanteil), das Gas bei weitem der grünste fossile Brennstoff auf der Welt ist.
Aus diesem Grund wird bereits jetzt vorhergesagt, dass es bis 2020 die Kohle als größte Energieerzeugungsquelle überholt werden hat – eine erstaunliche Tatsache, wenn man bedenkt das der gegenwärtig größte Energieverbraucher (China) sich noch zu 70% auf Kohle verlässt und nur zu 5% auf Gas. Aber insgesamt boomt der Gasbedarf im Osten und Asiens Verbrauch soll sich in den nächsten 30 Jahren vervierfachen. Dies ist ein massiver Umburch im globalen Energiebedarf und es ist darum kaum ein Zufall, dass Shell als es nach einem bedeutenden Zukauf Ausschau hielt, eine Firma mit einer gigantischen Gasoperation suchte, statt nach einem anderen Ölgroßunternehmen mit einem Portfolio aus aufwendigen und technisch komplizierten „Ölspielplätzen“ (davon haben sie genug).